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Stiftungslandschaft Schweiz: «Bitte aufräumen!»

Darf ich mich als Liberaler für eine neue Regulierung einsetzen? Bestimmt, sofern diese der Deregulierung dient! – Soll der Leitsatz «Eine Stiftung währet ewiglich» auch künftig noch Gültigkeit haben? Gewiss, falls es um eine religiöse Gedächtnisstiftung handelt! – Sollen weiterhin Kleinst-Stiftungen mit der behördlich vorgesehenen Minimalmaleinlage gegründet werden können? Nein, das sind ja eigentlich keine «Stiftungen», sondern bloss «Teaser»! –Seit exakt zwanzig Jahren beobachte ich das Förderstiftungswesen beruflich aus nächster Nähe, nachdem ich schon zuvor nebenamtlich für eine Trägerschaftsstiftung gearbeitet hatte. Über die Jahre hinweg habe ich so meine Beobachtungen gemacht, von denen ich hier nun drei los werden möchte.

Ueberholte Vorstellung der immerwährenden Stiftung

In allerlei Medien wird gegenwärtig «10 Jahre Finanzkrise» begangen, in der Kunsthalle Mannheim gar innerhalb einer Kunstausstellung. Dieser Krise wegen waren die Stiftungen in den letzten Jahren mit ambivalenten Szenarien konfrontiert: mit stark steigenden Aktienkursen auf der einen Seite, mit rekordtiefen Zinsen auf der anderen Seite, mit liquiditätsgetriebenen Immobilien-Investments ebenso. Das Problem bei diesem Szenario ist, dass sich die Stiftungen die Performance ihrer Vermögensanlagen mit erhöhten Risiken «erkaufen» müssen: mit einem (zu) hohen Aktienanteil, mit Festverzinslichen von (zu) geringer Bonität, mit Immobilien oder Immobilien-Wertschriften mit einem (zu) hohen Leerstandrisiko. Viele Förderstiftungen rennen momentan solchen nur riskant erzielbaren Renditen hinterher, weil sie sich verpflichtet fühlen, einzig die Renditeerträge auf ihrem Vermögen auszuschütten, ihren Kapitalstock dagegen vollumfänglich zu erhalten. Dabei schreiben längst nicht alle Stiftungsurkunden ein solches Gebot der Kapitalerhaltung vor. Viele Stiftungsräte stützen sich einfach auf die uralte Vorstellung, wonach eine Stiftung einen unendlichen Lebenshorizont haben solle. In einem solchen Korsett sind die Vergabestiftungen aber in ihrem Förderwirken in der Gegenwart eingeschränkt.

Ich finde, mit diesem Langlebigkeits-Prinzip sollte künftig aufgeräumt werden. Bestehende Stiftungen sollten von ihrer selbstgewählten Beschränkung abrücken. Und künftigen Neugründungen sollte ein Kapitalerhaltungsgebot untersagt werden. Ein daraus resultierender Trend zur Verbrauchsstiftung würde deregulierend wirken. Zumindest wäre das ein sanfterer Schritt als ein amtliches Gebot der zeitnahen Mittelverwendung oder als ein Ausschüttungsgebot von 5 % des Stiftungskapitals, das Stiftungen in anderen Ländern kennen.

Aufräumpotenzial

Aufräumpotential sehe ich auch bei jener Ausprägung von Stiftungen, welche die ganz ursprünglichen Intentionen des Stiftens in ihr Gegenteil verkehrt. In der Schweiz kann eine Stiftung mit einem Kapital von bloss CHF 20’000.- gegründet werden. Kein Förderzweck lässt sich mit einem derart geringen Stiftungskapital erfüllen. Eine so tief dotierte Stiftung ist ja in den meisten Fällen auch nur ein Lockvogel, nämlich der institutionelle Mantel für eine spendensuchende Organisation. Dafür aber stehen andere Rechtsformen zur Verfügung.

Eine Verdrehung des ursprünglichen Stiftungsgedankens sehe ich auch bei Stiftungen, die in ihren Statuten bloss den Betrieb einer Institution festschreiben (eines Museums beispielsweise), die dazu notwendigen Vermögenswerte und Sammlungsgüter hingegen aussen vor lassen: Eine museale Institution, die nur die Geschäftsaktivitäten über die Stiftung abwickelt, das Ausstellungsgut dagegen im Eigentum des Sammlers belässt, ist doch keine «Stiftung». Auch hier ist umzudenken!

Notwendige Bewusstseinsänderung

Stossend und für das Ansehen des Stiftungsplatzes besonders schädlich sind die in gewissen Abständen auftretenden «Skandale» um Stiftungen. Zwar darf man davon ausgehen, dass in unserem Land das Stiftungsweisen insgesamt sehr gut aufgestellt ist, wozu auch die Stiftungsaufsichten beizutragen haben. Aber auch Einzelfälle, wie ihn z.B. die Causa der Fondation Susanna Biedermann in Basel markieren, dürfen einfach nicht passieren. Das Hauptproblem, das sich nicht nur in diesem Fall ausdrückt, sind meist Interessenskonflikte, welche gewisse personelle Konstellationen in und um Stiftungen bergen können. Häufig entstehen solche Konfliktsituationen im Zusammenhang mit der Vermögensberatung und der Rechtsberatung für Stiftungen. Auch hier ist in den betroffenen Kreisen eine grundlegende Bewusstseinsänderung von Nöten.

Tipp

Eine Aufräum-Anleitung für das Schweizer Stiftungswesen existiert seit 2005, nämlich im Swiss Foundation Code, der 2015 in dritter Ausgabe ediert wurde.

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