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Vielgestaltiges Stiftungswesen

Errichtung

Rechtliche Grundlage der Stiftung bilden die Artikel 80 ff des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB). Gleich der erste Artikel legt fest, worum es geht: Die Stiftung ist ein für einen besonderen Zweck gewidmetes Vermögen. Das gestiftete Geld gehört also nicht mehr dem Stifter, sondern nur noch der Stiftung. Diese wird durch eine öffentliche Urkunde oder durch eine Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) errichtet und ist in das Handelsregister am Ort ihres Sitzes einzutragen. Änderungen der Stiftungsurkunde hinsichtlich Zweck und Organisation sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich, bedürfen jedoch der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

Zweck

In der Formulierung des Zwecks besteht eine grosse Freiheit. Er kann zum Beispiel aus nur wenigen Worten bestehen wie auch aus umfassenden und langen Beschrieben. Auch für die inhaltliche Ausgestaltung des Zwecks gibt es keine Vorgaben (ausser nichts Widerrechtliches). Und selbst in der Vorgehensweise bei der Verwendung des Vermögens muss man sich nicht zwingend festlegen.

Organe

Die Organe der Stiftung und die Art der Verwaltung resp. Stiftungstätigkeit werden durch die Stiftungsurkunde festgelegt. Auch hier besteht grosse Freiheit. In aller Regel führt ein Stiftungsrat als oberstes Leitungsorgan die Geschäfte. In finanziellen Belangen allerdings sind die Vorschriften des Obligationenrechts (OR) über die Buchführung und Revision bei den Aktiengesellschaften zwingend anwendbar.

Aufsicht

Die Stiftungen stehen unter Aufsicht des Gemeinwesens, dem sie nach ihrer Zweckorientierung angehören (Bund, Kanton oder Gemeinde). Davon ausgenommen sind die Familienstiftungen und kirchlichen Stiftungen. Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen zweckgemäss verwendet wird und ergreift Massnahmen sowohl bei einer mangelhaften Organisation als auch bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit. Sie prüft hierfür jährlich den Jahresbericht und die Jahresrechnung der Stiftungen. Über die Tätigkeit der von ihr beaufsichtigten Stiftungen gibt die Aufsichtsbehörde allerdings keine Auskunft. Dazu fehlt die gesetzliche Grundlage.

Publikation

Die Publikationspflichten der Stiftungen in den Handelsregistern umfassen im Wesentlichen den Zweck (oft auch gekürzt), die Namen der Organträger, das Domizil und das Gründungsjahr. Angaben über das Stiftungskapital und die Verwendung des Stiftungsvermögens werden nicht publiziert.

Steuerbefreiung

Die Steuerbefreiung der Stiftungen richtet sich nach den kantonalen Steuergesetzen und ist an die Gemeinnützigkeit des Zwecks gebunden. Die Interpretationen dieses Begriffs durch die Steuerbehörden und die formellen Voraussetzungen sind wiederum recht unterschiedlich. Die Steuerbefreiung in einem Kanton hat jedoch ihre Wirkung auch für die anderen Kantone und den Bund.

Ausprägungen

Unterscheidet man die Stiftungen nach ihren Merkmalen, zeigt sich in den einzelnen Ausprägungen eine grosse Vielfalt. Die nachfolgende Abbildung 1 gibt dazu einen groben Überblick. Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf die klassischen Stiftungen (gemeinnützig und steuerbefreit).

Förderstiftungen

Die steuerbefreiten, gemeinnützig tätigen Förderstiftungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie fördernd tätig sind, also ihr Vermögen und/oder dessen Erträge zur Realisierung der Aufgaben und Tätigkeiten Dritter (Projektträger) einsetzen. Sie selbst sind nicht operativ tätig und realisieren keine Projekte. Ihr Vermögen äufnen sie durch die Erträge aus der Vermögensanlage. Erlauben die Statuten zur Zweckerfüllung einen Vermögensverzehr oder ist dieser sogar ausdrücklich z.B. innerhalb einer bestimmten Frist vollständig vorgesehen, spricht man von einer Verbrauchsstiftung. Gelegentlich werden Förderstiftungen in sog. Dachstiftungen eingebracht.

Operativ tätige Stiftungen

Die operativ tätigen Stiftungen sind jene Stiftungen, die selber und in eigener Verantwortung Projekte realisieren. Dies können sie mit eigenen Mitteln tun und/oder mit der Unterstützung Dritter (Spenden, Staatsbeiträge).

Mischformen

Immer häufiger werden heute Mischformen beobachtet: Förderstiftungen sind nicht bloss unterstützend und fördernd, sondern auch selber operativ tätig und realisieren in eigener Verantwortung Projekte. Oder sie arbeiten nicht nur mit ihrem Stiftungsvermögen, sondern sind ebenfalls auf dem Spendenmarkt aktiv, um das Kapital zu erweitern (vgl. dazu nachfolgende Abbildung 2). Und das alles kann sich im Verlaufe des Lebenszyklus einer Stiftung auch wieder ändern.

Vorteile und Nachteile der Vielgestaltigkeit

Diese Freiheit in der inhaltlichen Ausrichtung und organisatorischen Ausgestaltung einer Stiftung ist eine der Gründe dafür, weshalb das Stiftungswesen in der Schweiz sich so positiv entwickelt.  Deshalb sollte man sorgsam auf sie acht geben. Weil aber gleichzeitig eine Stiftung nur rudimentär über sich selbst und ihr Wirken informieren muss, bleibt vieles im Ungewissen. Zum Beispiel ist es in der Praxis oft schwierig herauszufinden, wie eine Stiftung arbeitet (fördernd/operativ/gemischt) und ob sie dabei selber Spenden sammelt oder nicht. Der publizierte Zweckartikel ist da nicht immer eine Hilfe. Die Aufsichtsbehörden, die die Arbeit der Stiftungen kennen und eigentlich Abhilfe schaffen könnten, dürfen keine Auskunft geben; ihre Funktion ist eine andere. Mit dieser Problematik sind insbesondere jene Projektträger konfrontiert, die bei Förderstiftungen nach passenden Finanzierungspartnern für ihre Projekte suchen. Es ist damit ein sehr grosser Aufwand und viel Leerlauf verbunden. Aber auch die Förderstiftungen selber leiden immer mehr unter dieser Situation. Denn sie werden zunehmend mit einer Unmenge von Gesuchen konfrontiert, die sie gar nicht betreffen. Das Bedürfnis nach mehr (und nicht nach vollständiger) Transparenz wird immer stärker. Dafür, dass der Vorhang geschlossen bleibt, zahlen die Stiftungen letztlich  einen zu hohen Preis. Ihn zu öffnen, führt nicht zum Verlust der Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit, sondern zu deren Stärkung.

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